
Zeltratgeber II: Materialien, Gestänge, Stoffe, Sommerzelt, 3-Jahreszeiten Zelt, Winterzelt
6. Mai 2010Nachdem ich im ersten Teil des Zeltratgeber die Zeltformen wie Kuppel, Tunnel oder Firstzelt beschrieben habe, gibt es nun einen detaillierteren Überblick auf die Materialien und auf die Zeltklassifizierungen wie Sommerzelt, 3-Jahreszeiten oder Winterzelt.
Gestänge
Beim Gestänge trennt sich die Spreu vom Weizen. Fiberglas war vor zig Jahren oder Jahrzehnten das NonPlusUtra, da es die schweren Hauszelte nun durch leichte Tunnelzelte ersetzen konnte. Inzwischen ist es jedoch durch Alugestänge ersetzt worden, was den Vorteil hat, dass es nicht so schnell bricht, Lasten länger aushält und auf Touren verlässlicher ist. Fiberglas findet man inzwischen nur noch bei billigen Tourenzelte oder eben bei Campingzelte im niedrigen Preissegment
Einige Ultralightzelte , wie z.B. beim Golite Shangri La 1, haben inzw. den Trekkingstock entdeckt und nutzen diesen als Gestänge, wodurch noch einmal Gewicht gespart wird.
Material
Vielleicht hat man es schon bei einigen Zelten in Katalogen gemerkt, dass es ein und daselbe Zelt gibt, jedoch zu unterschiedlichen Preisen. Ich nehme hier mal die Marke Wechsel heraus, welche ihre Modelle als Travel Line und Zero-G anbieten. Der Unterschied ist hierbei der Außenstoff, welcher in der Travel Line simpler ist und sich gerade an die richtet, die Radreisen machen oder Camping. Die Zero-G Linie ist für Trekking und extremere Touren optimal, da es widerstandsfähiger und leichter ist.
Nehmen wir mal weiter das Beispiel „Wechsel-Tents“. Anhand der angebotenen Stoffe sieht man ganz gut wodurch sie sich unterscheiden:
Travel Line
Polyester Tafetta 75D 185T, PU 5000mm, 81g/m², Weiterreissfestigkeit 2kgZero-G
Ripstop Nylon 40D 240T, beidseitig mit Silikon beschichtet, 2000mm, 53g/m², Weiterreissfestigkeit 11kg
Die sogenannte Weiterreißfestigkeit ist bei dem hochwertigen Ripstop Nylon Stoff besser, aber auch die UV- Beständigkeit und der Schutz bei jeder Witterung. Bei „PU-beschichtet“ ist, wie der Name Beschichtung schon sagt, dieser Stoffe lediglich temporär geschützt und die Beschichtung nutzt sich förmlich ab. Durch Reibung wie z.B. bei einer Jacke mit Rucksackkontakt, kann diese Beschichtung bereits abgetragen werden und würde durch spezielles Spray & Waschmittel wieder erneuert. Die anfängliche Wirkung wird jedoch nachlassen.
Lodges Line
Baumwollmischgewebe m. PU Beschichtung, 1.200 mm WS
Für den Sommer gibt es aber auch Zelte mit Baumwollstoff. Dieser Stoff hat den Vorteil, dass er luftiger ist und gerade bei heißen Temperaturen in Südeuropa für Kühle im Zelt sorgt. Für richtige Regenregionen wie Skandinavien oder Schottland ist ein Baumwollzelt jedoch nichts.
Marken, die viel mit dem sogenannten Technical Cotton (Baumwoll/PES-Mischgewebe) fertigen sind z.B. Vaude mit dem Badavi TC, Wechsel-Tents oder eben die Marke Eureka. In der Regel sind es aber auch eher große Campingzelte, für die Baumwolle in Form des Technical Cotton in Frage kommt.
Neu ist Cuben als Zeltstoff. Vorzugsweise bei amerikanischen Ultralight-Schmieden wie Mountain Laurel Designs wird man beim Außenstoff Cuben fündig. Es ist das derzeitig leichteste & vorallem beliebteste Außenzeltmaterial und bietet vorzugsweise die Eigenschaft, dass es die Nässe nicht speichern soll und dabei noch leichter ist als SilNylon. Die Zelte wiegen somit vor und nach dem Regen dasselbe, auch wenn sie nass sind. Cuben hat jedoch den großen Nachteil, dass es viel zu teuer ist, als dass es sich im großen Stil durchsetzen wird. Vergleicht man so z.B. die Angebote von MLD für ein Sil-Nylon Zelt mit denen eines Cubenzelt, so liegen schon ein paar Hundert Dollar (MLD Duomid $ 205, Cubenversion $ 405) dazwischen.
Würde man Cuben nun für ein Tunnelzelt wie das schwere Tatonka Alaska verwenden, so hätte man einige Kilo gespart, wäre aber wohl auch Tausend € ärmer.
Einwand- und Doppelwandzelte
Es gibt in den klassischen Formen auch Unterschiede in der Anzahl der Wände. Auch hier sei gesagt, dass es auf das jeweilige Tourschema ankommt, wann der eine Zelttyp Sinn macht und wann nicht.
Einwandzelte bestehen meist aus atmungsaktivem Gewebe wie eVent oder ähnlichem. Die typische Verwendung dieser Zelte sind Expeditionen, Hochtouren, aber auch bei Ultralight Touren sind Einwandzelte gefragt, da das Innenzelt als zusätzliches Gewicht wegfällt.
Nicht bei jeder Tour oder Reiseziel sind Einwandzelte von Vorteil, denn die Kondensation ist zum Teil ein Problem bei den Zelte, wodurch der Außenstoff bei hochwertigen Modellen zur mehrlagigen Membran tendiert, um dem Tropfsteinhöhlenerlebnis entgegen zu wirken. Ein Beispiel für so ein Einwandzelt wäre das Black Diamond Eldorado, welches ToddTex als Außengewebe besitzt.
Bei Doppelwandzelte besteht ein Abstand zwischen Außenzelt und Innenzelt. Dies wird entweder durch das innenliegende Gestänge erreicht oder durch das Einhängen des Innenzelt in Ösen des Außenzelt.
Sommerzelt, 3-Jahreszeiten-Zelt, Winterzelt
Nicht nur in der Bauform unterscheiden sich die Zelte, sondern auch in der jeweiligen Klassifizierung der Jahreszeiten.
Nicht ganz so stark vertreten sind Sommerzelte, die damit glänzen, dass sie licht- und luftdurchlässig sind, jedoch keinen großen Wind- und Regenschutz bieten. Beispiele für Sommerzelte sind die Baumwollzelte, die in der Regel die niedrigste Wassersäule haben.
Das Außenzelt reicht bei Sommerzelte oft nicht auf dem Boden, sondern verdeckt meist nur halb die Bodenwanne des Innenzelts. Bewirkt dadurch aber eine gute Luftzirkulation von außen nach innen. Beim Innenzelt werden auch große Teile mit Mesheinsatz abgedeckt. Gerade in südlichen Gefilden, wo man mehr mit der Hitze, als mit Regen kämpft, eignen sich Sommerzelte am besten.
Das 3 Jahreszeiten Zelt ist das gängigste Zelt, eignet sich doch eher für Zeiten zwischen Frühjahr und Herbst, doch auch leichter Schneefall ist in den Zelten noch zu verkraften. Die Bodenwanne ist höher, der Meshanteil am Innenzelt niedriger und das Außenzelt reicht tiefer. Eine Apsis bietet hierbei zu jeder Witterung Schutz für die Ausrüstung.
Die Zelte selber sind nun auch vielseitiger und besitzen Allround-Charakter, da sie nun nicht nur im Süden einsetzbar sind, sondern auch in nasskalten Regionen Nordeuropas und darüber hinaus. Bei der Konstruktion wurde man auch aufwendiger, so wird das Außenzelt meist geklippt und der Aufbau gerade für den Einsatz auf Touren optimiert.
Das Winterzelt ist das robusteste Zelt und bietet zahlreiche Details. Beim Gestänge geht man ein paar Klassen höher, da diese nun auch Schneelasten aushalten müssen, ebenfalls Schneesicher sind nun auch die Lüfter. Die Reißverschlüsse sind nun so konstruiert, dass man sie auch mit dicken Handschuhen bedienen kann. Zwischen Innenzelt und Außenzelt befindet sich nicht selten ein Kondensschwamm, der die Feuchtigkeit absorbiert und für den nötigen Abstand zwischen Außenhaut und Innenzelt sorgt. In dieser Kategorie gibt es eine Vielzahl von Einwandzelte. Da im Winter eher Wert auf Stabilität und Sicherheit geachtet wird, sind diese Zelte schwerer, als klassiche 3-Jahreszeitenzelte.
Ein Geodät wiegt hier gern mal über 4 kg. Leichter geht es in Form des Wechsel Forum 42 Zero-G.
Darüber hinaus gibt es noch das Biwakzelt, welches ebenfalls aus wasserfesten & atmungsaktiven Material wie z.B. GoreTex gibt. Biwakzelte werden im zivilen Bereich wohl eher in Regionen eingesetzt, wo es kühl, aber trocken ist. Das oft genannte Beispiel wäre hier das Hochgebirge. Ein Zelt im klassischen Sinne es eher nicht, denn oft ist es nur ein Gestänge im Kopfbereich, der den Biwaksack aufrichtet und eine stabile Öffnung zum Ein- und Ausstieg bietet. Bewegungsfreiheit ist in Biwakzelte eher nicht gegeben, wodurch sie sich nicht für lange Touren eignen. Ein Beispiel für ein Biwakzelt ist sicherlich das Vaude Bivi.
Teil III gibt es in den nächsten Tagen. Teil I, II & dann auch später III werden noch weiter mit Informationen und Ergänzungen vervollständigt. Gerade das Gestänge, aber auch weitere Details, sind es wert, dort noch mehr zu schreiben.
Eine große Auswahl an Zelte findet Ihr z.B. online bei
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